Metrosexuelle Heizdecken

Ich bin seit kurzem wieder – nach sehr langer Absenz – mit einer Lederjacke ausgestattet. Natürlich nicht mit jenem Modell, das vor 20 Jahren als Insignie des unabhängigen Lebensstils galt – nein, keine Rockismus-Tierhaut, sondern eine, die weniger Schweiß und Ausschreitung signalisiert und mehr das Blog-Proletariat (wie ich es mir vorstelle) repräsentiert. Diese Modehilfe kam als Geschenk einer lieben Freundin zu mir und daher in meinen Kasten, weil deren Kastenstangen sich gefährlich mit den Schnickschnackfrüchten des Zeitenlaufs biegen. Dabei stammt das Stück gar nicht aus ihrem ureigensten Schnickschnackbestand, sondern aus dem ihres Mannes, es war aber wohl damals ihre Hardline-Style-Beratung, die ihm zu derlei Schnickschnackglanz verhalf, und als der Glanz ermattet war, wieder auf ihre Kastenstange musste. So wurde von meiner Freundin ein konspiratives Plastiksackerl geschnürt und bei ebensolchem Treffen unter ichbrauchplatz, soschadeabererziehtdasniewiederan, jackesehrgeilo etc. Bezeugungen (und ein paar Wässerchen) eine eierschalenfarbene Lederjacke an mich übergeben. Ja genau: kurz, eierschalenfarben und mit süß-überkandidelten Seitentaschen benäht (wahrscheinlich in irgendeiner Retro-Welle der 80iger Jahre als dezentes Zitatmodeteil hergestellt). Das gut abgehangene Stück Lederjacke ist nun meiner (anfänglich skeptischen) Sympathie ausgesetzt, weil sein Etikett innen mir sagt, es sei "for real man" gemacht, aber es außen so unausgesetzt "camp" ist, dass der Mann meiner Freundin seine heterosexuelle Integrität und Performanz durch sein Tragen sicherlich extrem sabotiert sieht.

Schön, dass es nun meine Schultern sind, die eine an und für sich ernste Sache (wirklicher Mann) in etwas Frivol-Komisches (Mann, nicht wirklich und eierschalenfarben) überführen dürfen. Campness ist immer noch/immer wieder eine tolle Erlebenshilfe, und meine kurzzeitige Befürchtung, dass die superöde, industrielle Idee von Metrosexualität einigen Schaden anrichten könnte, hat sich als mein Denkfehler erwiesen (und im übrigen habe ich letztere solange ignoriert bis sie von allein verschwunden ist). Als ich in der Straßenbahn vor Jahren während einer kalten Fahrt den Satz einer älteren Mitbürgerin und lebensweisen Agentin zu einer anderen Agentin aufschnappte, "dass dem Menschen, der die Heizdecke erfunden hat, eine große Anerkennung gebührt" hätte ich ein lautes "und dem Menschen der Camp erfunden hat auch" anfügen sollen. Allein, so parat ist und hat man das nie (besonders wenn ältere Agentinnen mit Pelzhauben involviert sind), aber ich verstehe diesen kleinen Beitrag als Nachholung von schmählich Versäumtem...
meflieda - 5. Nov, 22:27

Schreiber

Lieber Pirat, Du solltest es einmal mit einem Buch versuchen. Deine Lust und Fähigkeit mit Worten zu spielen bzw. aus Kleinem Seiten zu füllen müsstest Du ausbauen. übrigens - was ist Metrosexualität - bitte um einen Beitrag für eine Erweiterung meiner Allgemeinbildung - Meflieda

schildplatt - 6. Nov, 14:50

Metrosexuelle Heizdecke

Lieber Firat,
dein Beitrag erinnert mich an Verschiedenes: Einerseits die Erlebnisse von Leopold von Sacher-Masoch, über den ich ein Buch zu Hause habe, der gerne in Pelzen posierte und außer masochistisch auch noch fetischistisch war. Deine Heizdecke ist in meinen Augen ein Pelz.
Zweitens ist die wörtliche Ähnlichkeit zu Heterosexualität ja unschwer zu verkennen. Daher ein Artikel zu dieser.
Lederjacke, Pelz, Heizdecke, Tierhaut und dann auch noch die Freundin, von der du sie bekommen hast - wenn das keine Fetische sind und eine versteckte erotische Anspielung. Frivol und Geilo sowie Schnickschnack kommen dazu, für mich ist dieser Beitrag eindeutig. Bitte sei mir nicht böse!

Parallelbericht - 13. Nov, 23:06

papierene Bloggeduld

Lieber Firat,

zwei Fragen zum Text: Hat Metrosexualität etwas mit der U-bahn zu tun? Ich erinnere mich an die letzte Flirtaktion der Wienerlinien- da warst Du ja leider noch ohne deine eierschalenfarbene Jacke unterwegs.........

Camp ist für mich ein Zeltlager, aber was um Gotteswillen ist Campness?

Ansonsten hoffe ich, daß Du Deinen Kurskolleginnen Dein gutes Stück- die Jacke mein ich- trotz winterlicher Temperaturen im Salzkammergut bei der nächsten Präsenzphase nicht vorenthalten wirst. Am besten mit einem warmen "Darunter" in einer der aktuellen Herbstfarben? (Fallst Du nicht up to date bist- frag doch einfach bei Deiner Freundin nach!)

keep swinging und Vorsicht vor den AgentInnen!

So long- Lisa

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